Brief an Katharina Blum
Ich habe Katharina
Blum als Person ausgewählt, weil bei mir immer wieder Fragen
aufgekommen sind beim Lesen, welche ich ihr gerne gestellt hätte. Daher, finde ich, ist sie
als Briefadressantin ideal. Ich habe mir auch viele Gedanken
gemacht, wie sie es schafft, mit dem ganzen Druck der Außenwelt umzugehen.
Jeder Mensch geht doch an einem solch enormen Druck früher oder später kaputt...
Sehr geehrte Frau Blum
Mein
Name ist Anna und ich bin 17 Jahre alt. Ich schreibe Ihnen diesen Brief, weil
ich eine große Hochachtung vor Ihnen habe. Wie Sie mit all dem umgehen, was
über Sie geschrieben worden ist. Chapeau! Ich habe Ihre Adresse, wie
wahrscheinlich einige, die an Sie adressierten Briefe, von "der ZEITUNG". Ich
hoffe nun inständig, dass Sie diesen Brief lesen und nicht, wie den größten Teil, in den Papiereimer schmeißen. Denn dieses, in Ihren Händen befindende
Schriftstück ist anders. Ich habe, im Gegensatz zu den meisten Personen eine
große Achtung vor Ihnen. Ich bewundere Sie sogar fast ein wenig. Doch ich
will nun nicht mehr lange um den heißen Brei herum reden, sondern einfach meine
persönliche Meinung niederschreiben.
Ich
will Ihnen nun zu den Ereignissen, die sich in letzter Zeit ereignet haben,
mein Statement mitteilen. Ich finde "die ZEITUNG" unerhört! Wie können die es
auch nur wagen, das ganze Geschehene so hoch zu stechen, und Sie so schlecht
darstellen? Ich kann es nicht fassen. Und dann kommt noch dazu, dass
Werner Tötges, Ihre Mutter soweit bedrängte, dass sie an einem Herzversagen gestorben ist. Das darf doch einfach nicht sein. Ich stehe voll und ganz
hinter Ihnen, liebe Frau Blum.
Ich
habe auch noch einige Fragen. Haben Sie Ludwig Götten wirklich erst am
Karnevalball kennengelernt? Ich finde es erstaunlich, wie groß Ihre Zuneigung
für diesen Herrn sein muss, damit Sie es riskieren, sich verhaften zu lassen
und all diese schlimmen Verhöre über sich ergehen ließen. Ich hoffe insgeheim, dass diese Liebe
zwischen Ihnen bestehen bleibt. Ich würde es Ihnen von Herzen gönnen, nach all
dem, was passiert ist.
Eine
nächste Frage die bei mir aufkam war: Warum haben Sie Herr Götten den Schlüssel
zur Wohnung von Stäubleder gegeben? Es ist ein gutes Versteck, doch kommt die Polizei wohl eher schnell darauf, an diesem Ort nach ihm zu suchen. Denken
Sie nun im Nachhinein, ob es vielleicht nicht besser gewesen wäre, wenn er an einem anderen Ort untergetaucht wäre? Aber in einer Sache stimme ich mit Ihnen voll Überein. Nun, da er im Gefängnis ist, ist er in grösserer Obhut (also sicherer),
als wenn er auf der Flucht ist. Ich denke, mit der Festnahme ist Ihnen ein
großer Stein vom Herzen gefallen. Mir, wenn ich in dieser Lage gewesen wäre,
wäre dies auf jedenfalls passiert. Die bedingungslose Liebe in Sicherheit zu
wissen, dass ist doch wenigstens ein kleiner Trost.
Doch
nun zu meiner größten und wohl auch kritischsten Frage. Finden Sie den Mord eine
ideale Lösung für dieses Probleme? Dies ist das Einzige, was ich überhaupt nicht
verstehen kann. Warum tötet man einen Journalisten? Dies bringt doch nur noch
mehr Probleme mit sich. Die Presse wird doch nun noch mehr auf Ihnen
herumhacken und Sie werden den Ruf als Mörderin nie mehr los. Wie verzweifelt
mussten Sie sein, um einem Menschen das Leben zu nehmen? Hat nicht jeder
Mensch, egal was er macht, welche Herkunft oder welchen Glauben er hat, die
gleichen Rechte? Hat Werner Tötges nicht einfach sein Job getan? Muss man ihn
dafür gleich umbringen? Auch wenn er Sie enorm provoziert und verletzt hat, kann töten niemals die Lösung sein.
Ich
hoffe, dass Sie mir zu diesen Fragen eine Antwort schreiben und wünsche Ihnen
alles Gute für Ihre Zukunft (hoffentlich mit Herr Götten zusammen)!
Freundliche
Grüße
Anna
Liebe Anna, ich habe deinen Brief an Katharina durchgelesen. Er fasziniert mich, denn ich hätte ungefähr das Gleiche geschrieben. Es ist für Katharina sicher ein sehr schöner Moment, wenn sie zur Abwechslung keinen Drohbrief erhält. ;) Ich teile deine Meinung und kann auch nicht verstehen, dass Katharina es für die beste Lösung hielt, den Journalisten einfach umzulegen. Was wäre deine Lösung gewesen? Wie wärst du vorgegangen? Ich bin gespannt auf deine Antwort. Einen schönen Abend! Liebe Grüsse Andrina
AntwortenLöschenLiebe Andrina
AntwortenLöschenVielen Dank für diesen Kommentar. Ich denke, wenn ich in Katharinas Lage sein würde, so würde ich das Land verlassen. Dadurch würde die ZEITUNG evtl. das Interesse an mir verlieren und ich müsste nicht zu dieser grausamen Tat greifen. Doch ich finde, diese Frage zu beantworten äusserst schwierig... Wie kann man über etwas urteile, wenn man sich die Lage/Situation fast nicht vor Augen führen kann? Wie kann man sich am besten in so eine Person wie Katharina Blum hineinversetzten?
Oft habe ich mir beim Lesen Gedanken darüber gemacht, wie sie sich fühlen könnte. Dadurch habe ich ihre Handlungen viel besser begreifen und verstehen können. Ich habe dies auch bei anderen Handlungen mir durch den Kopf schwirren lassen. Wie würde ich mich bei einer Vernehmung verhalten, wenn man meinen Freund suchen und verhaften will... Wie weit geht man, um einen Liebe zu retten?
Nun noch eine Frage an dich. Wie würdest du reagieren? Findest du diese Frage nicht auch schwer zu beantworten?
Ich hoffe, ich konnte dir damit deine Frage (ansatzweise) beantworten. :)
Ganz liebe Grüsse
Anna